Johan Theorins "Öland" hat mich wider Erwarten nicht begeistert, der Autor bekam jedoch von mir eine weitere Chance. Zum Glück. Denn "Nebelsturm" fand ich viel besser und habe das Buch regelrecht verschlungen.
"Nebelsturm" ist kein typischer Krimi, das Rätsel und die Ermittlungen stehen im Hintergrund. Eigentlich weiß der Leser zum Schluss nicht, ob es überhaupt einen Mord gab.
Das Ehepaar Katerine und Joakim Westin ziehen von Stockholm nach Öland um - sie möchten der Großstadt, dem Lärm und der Anonymität entkommen. Auf Öland haben sie ein altes, großes Haus gekauft, das früher durch Leuchtturmwärter benutzt wurde. Katerine, Joakim und ihre zwei Kinder sind von dem alten Haus, dem Grundstück und den zwei Leuchttürmen begeistert und fangen mit voller Elan das Gebäude zu renovieren. Åludden soll zu alter Pracht zurück kehren.
Gleichzeitig zieht nach Öland Tilda um - sie ist die neue Polizistin, die die frei gewordene Stelle übernehmen soll.
Theorin führt noch eine dritte Handlungsebene ein - drei junge Männer suchen leer stehende Sommerhäuser aus und plündern sie.
Man muss lange warten bis sich die drei Geschichten miteinander verbinden aber es lohnt sich! Bis das geschieht präsentiert Theorin nämlich allerlei: beschreibt die Trauerarbeit von Joakim, führt schwedische Legenden ein und macht aus Åludden und den beiden Leuchttürmen beinahe einen Haupthelden. Nicht zu vergessen die Atmosphäre, die er schrittweise aufbaut - man spürt wortwörtlich es kalt über den Rücken laufen - das Haus knarrt, die Tür des Schuppen öffnetsich selbständig, man hört Stimmen, es werden versteckte Räume entdeckt und der nördliche Leuchtturm fängt an zu leuchten, um einen kommenden Todesfall vorauszusagen.
Das alles geschieht im öländischen Winter - es ist kalt, bitterkalt, es ist windig und ungemütlich. Es wird aber noch schlimmer, wenn der fåk kommt - ein Sturm, der Unmengen vom Schnee mit sich bringt und immer menschliche Opfer fordert. Theorin beschreibt suggestiv, kühn, intensiv. Die Landschaft ist rau und karg, der Tag kurz, die unheimliche Nacht ewig lang. Theorins Beschreibungen sind, im Vergleich zu seinem ersten Roman, länger und detaillierter - ich hoffe, dass er nicht an Larssons Niveau kommen wird - das wäre doch Schade!
Die Auflösung des Krimis bleibt ebenfalls spannend - zum Glück. Nett fand ich es, dass Theorin an sein erstes Buch anknüpft und zum Beispiel Gerlof Davidsson zurück kommen lässt.
Meine Bewertung: 5/6
Johan Theorin, Nebelsturm, übersetzt von Kerstin Schöps, 447 Seiten, Piper.