Dienstag, 23. Dezember 2008

Frohe Weihnachten!

Morgen früh verreisen wir, deswegen möchte ich schon jetzt euch frohe, harmonische Weihnachten wünschen. Ich hoffe, ihr findet viel Zeit für angenehme Lektüre und bekommt wunderbare literarische Geschenke! Ich melde mich kurz nach den Feiertagen wieder;)

Sonntag, 14. Dezember 2008

Geburtstagsgeschenke:)

Vor ein paar Tagen hatte ich Geburtstag und wurde reichlich mit Büchern beschenkt.
Ich bekam folgende Titel:
- "Der einsame Weg" von Arthura Schnitzler sowie ein Theatergutschein. Dieses Stück hat im Frühjahr Premiere,
- "Bieguni" von Olga Tokarczuk,
- "Zusammen ist man weniger allein" von Anna Gavalda,
- "Złoty pelikan" von Stefana Chwin,
- "Piekło pocztowe" von Terry Pratchett,
- "Das ideale Verbrechen" von Stella Blómkvist (habe ich selbst bei Remittenden gefunden),
- "Cień wiatru" von Carlosa Ruiz Zafón.
Das letzte Buch habe ich gleich zwei Mal bekommen, in zwei verschiedenen Sprachen. Die deutsche Übersetzung wird getauscht und ich bekomme etwas anderes;) Zusätzlich habe ich einen Gutschein für eine Buchhandlung bekommen - da dürfte ich noch ca. vier Bücher dafür kaufen. Jetzt muss ich mich nur entscheiden welche. Vorschläge?
Zusätzlich habe ich letztens 12 (zwölf!) Bücher in einer Online-Buchhandlung, die Remittenden verkauft, ergattert sowie einige Bücher als Weihnachtsgeschenke bei meinen Liebsten bestellt. Mein SuB wächst absolut unkontrolliert und wird wohl zum Jahresende die Decke erreichen (die Bücher stapeln sich auf meinem Nachttisch).

Samstag, 13. Dezember 2008

"Es gab kein Zurück" von Herbert Reinoß

Ich habe das Buch bereits vor ein paar Tagen beendet und überlege wie ich es am besten rezensieren soll. In der Zwischenzeit habe ich angefangen Zeitschriften zu lesen und mein SuB wächst unkontrolliert;)
"Es gab kein Zurück" ist eine Sammlung von Erzählungen der Vertriebenen. Zuerst lesen wir Berichte der Personen, die geflohen sind, hauptsächlich handelt es sich hier um die Personen aus Ostpreußen. Im zweiten Teil wurden Berichte der Vertriebenen gesammelt, meistens aus Schlesien. Es ist also schwierig solche persönlichen Erzählungen zu rezensieren. Jeder Person erzählt von persönlichem Leid, Verzweiflung und Traurigkeit. Es sind einfache Bauer, Landbesitzer, Ärzte, Mönche. Ich vermute, dass vielen Lesern die hier dargestellten Fakten nicht bekannt sind, vor allem wie skandalös, erniedrigend und unmenschlich die Vertriebenen behandelt wurden.
Das Buch zwingt quasi zur Überlegung warum und auf welche Weise die Maßnahmen durchgeführt wurden. Wie erwähnt, fehlte bei der Umsiedlung jede Kontrolle und Rücksicht. Die Deutschen fanden auch keine Akzeptanz in der neuen Heimat.
Dieses Thema weckt in Polen viele Emotionen. Ich habe eher den Eindruck, dass vorwiegend das Schuldbewusstsein abgeschüttelt wird mit dem ganz einfachen Gedanken - wir haben den Krieg nicht angefangen. Es ist sehr schwer das Gedankenmuster schuldig - unschuldig zu verlassen.
Über diese Problematik denke ich oft nach, sie ist mir im gewissen Sinne nahe: die Familie meines Mannes hat die Vertreibungen persönlich erlebt. Sicherlich wird sich mein Blick auf ihre Berichte jetzt ändern. Ich würde sehr gerne an einer gut aufgebauter, konstruktiver, nachdenklicher Diskussion über dieses Thema teilnehmen. Ich bin mir sicher, dass diese Geschehnisse nicht vergessen werden dürfen. Mit Freude habe ich also dieses Buch auf Polnisch gelesen und hoffe, dass es viele weitere Leser finden wird. Leider ist die Übersetzung nicht perfekt - viele kleine Fehler ärgern unnötig.

"Nie było powrotu", Herberta Reinoß, übersetzt von Jola Zepp, 278 str., Replika 2008.

Sammelt ihr Autogramme?

Ich würde nicht sagen, dass ich welche sammle aber über die Jahre sind doch welche zusammen gekommen. Meistens habe ich die Schriftsteller nach den Leseabenden danach gefragt. Heute möchte ich euch das neueste zeigen:) Wie sieht es bei euch aus?

"Der Zeitdieb" von Steinunn Sigurðardóttir

Ich habe endlich mein erstes Buch von Steinunn gelesen und hoffentlich nicht das letzte! Die Autorin mag ich sehr gerne und habe vor ihren Werken viel Respekt. Vor allem, weil sie so poetisch schreibt. Ich liebe Bücher über alles aber Poesie ist nicht wirklich mein Ding. Ich meide eigentlich alles, was mit Poesie zu tun bis auf Wisława Szymborska. Deswegen habe ich wahrscheinlich so lange gewartet, bis ich Steinunn durch ihre Werke kennen gelernt habe. "Der Zeitdieb" ist sehr poetisch. Es ist mehr eine Studie als ein Roman. Studie einer unglücklicher Liebe und deren Einflusses auf das Leben von Alda - der Hauptprotagonistin. Alda ist eine selbstbewusste Frau - sie kennt ihren Wert, sie handelt entschieden und spielt mit den Männern. Sie stammt aus einer adeligen Familie, ist sehr hübsch, kennt einige Fremdsprachen und unterrichtet auf dem Gymnasium. Eines Tages lernt sie Anton, den Lehrer für Geschichte, kennen und verliebt sich. Anton ist bereits verheiratet und beendet den Flirt mit Alda nach ein Hundert Tagen. Alda wird nie mehr aufhören Anton zu lieben. Der ganze Roman umfasst etwas über ein hundert Seiten und konzentriert sich darauf, Aldas Zustand zu beschreiben. Steinunn nutzt viele literarischen Möglichkeiten, um Aldas Liebe zu zeigen: immer wieder schreibt sie Gedichte, formt Aldas Gedanken in Briefe, die sie an den ehemaligen Liebhaber schreibt. Steinunns Sätze sind sehr kurz, fast abgebrochen, die Unterteilung in Kapitel sehr ungewöhnlich. Jeder Satz ist randvoll mit Inhalt. Jeder Satz bringt einen neuen Gedanken mit sich. Das Buch muss man geniessen, langsam schmecken, immer wieder ein paar Seiten zurück blättern, sich erinnern, vergleichen und einsaugen. Fast jeder Satz beinhaltet eine kleine Wahrheit über Leben, Lieben und Existieren.
Ich muss es gleich sagen, dass Steinunn Gedanken mir oft über den Kopf wuschen, mich überwältigten und lähmten. Ich war jedoch vor den verschiedenen Stilen und literarischen Formen begeistert - die Schriftstellerin schein sich in allen gut zu fühlen. Ich bin sehr auf die anderen Romane von Steinunn neugierig!
Ich muss noch ein paar Worte über die Übersetzerin schreiben - ich bin von ihrer Arbeit absolut beeindruckt. Ich bin begeistert wie gut sie sich zwischen den verschiedenen Formen bewegt. Ich kenne sie bereits durch die Übersetzungen anderer isländischen Autoren und bewundere, wie gut sie sich dem jeweiligen Stil anpassen kann.

Steinunn Sigurðardóttir, Der Zeitdieb, übersetzt von Coletta Bürling, Fischer 1998.

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Lesung mit Steinunn Sigurðardóttir

Am Montag habe ich die Gelegenheit gehabt diese isländische Schrifstellerin etwas näher kennen zu lernen. Neulich erschien in Deutschland ihr neuer Roman "Sonnenscheinpferd", aus dem Steinunn gelesen hat.
Die Schriftstellerin hat mich sehr beeindruckt - sie wirkte ruhig, fast bescheiden, immer lächelnd. Zuerst las sie auf Deutsch. Ich brauchte ein paar Zeilen, um mich an das isländische Akzent zu gewöhnen. Als das aber passierte, habe ich die Lesung genossen. Die Frau kann nämlich lesen! Sie las sehr ruhig, machte viele Pausen, betonte manche Stellen. Mich konnte der Eindruck nicht verlassen, dass sie Märchen perfekt erzählen würde. Ich stellte mir vor, wie eine Kinderschar um sie gesammelt, ihr zuhört.
Gleichzeitig wirkte ihr Buch sehr poethisch und klug. Sie las von Liebe und Tod und jeder Satz schien eine eigene Wahrheit mit sich zu tragen. Steinunn scheint die Gefühle zu beobachten und zu beschreiben. Nach der Lesung bin ich der Meinung, dass Steinunn sich besser in Poesie fühlt.
Sie hat Psychologie und Philosophie studiert - wahrscheinlich hat die Tatsache auch Einfluss auf ihr Schaffen. Ich habe angefangen ihr erstes Buch zu lesen, den "Zeitdieb", das auch in Frankreich von Yves Angelo verfilmt wurde.
Steinunn hat ihre eigene Webseite.

"Konsten att vara Ela" von Johanna Nilsson

Das Buch der schwedischen Autorin Johanna Nilsson (ihre Webseite findet man hier) scheint es noch nicht auf Deutsch zu geben.
Es liest sich sehr schnell, obwohl das Thema nicht gerade unterhaltsam ist. Ela ist ein Mädchen, das sich nicht anpassen kann. Ständig wird sie von Emotionen gesteuert, die sie nicht bewältigen kann und die sie selbst nicht versteht. Sie sagt, was sie möchte, kämoft mit sich selbst und ist schrecklich einsam. Sie verhält sich wie ein pubertierendes Teenager. Dabei ist sie 26 Jahre alt. Sie leidet seitdem sich ihre Eltern getrennt haben. Damals war sie 21 Jahre alt. Man würde denke, dass eine einundzwanzigjährige Frau genung Charakterstärke besitzt, um mit der Scheidung der Eltern zurecht zu kommen. Hier stellt sich die Frage, ob die Erziehung der Eltern nicht ausreichend war oder ob Elas Psyche tatsächlich so labil ist.

Elas Verhalten brachte mich dazu darüber nachzudenken, wie spät momentan Menschen erwachsen werden. Vor vielleicht fünfzig Jahre wäre eine sechsundzwanzigjährige Frau mitten im Leben, hätte (gewollt oder nicht) einen Lebensplan und ernsthafte Probleme (wenn überhaupt). Ela kann sich, teilweise dank ihrer Eltern, wie ein kleines, rebellierendes Mädchen verhalten. Es wird akzeptiert. Die Gesprächsversuche über ihr Leben, Studium, Beziehung empfinde ich nicht als tatsächliche Hilfeversuche oder Ausdruck fehlender Akzeptanz. Eher als lästige Pflichtgespräche, die man abhackt.

Zufällig lernt Ela ein kleines, einsames Mädchen kennen. Ihre Mutter ist drogenabhängig und interessiert sich nicht für ihre Tochter. Ela kümmert sich um sie und sieht sicherlich auch sich slebt in ihr. Die kleine Klara wird aber auch Ela helfen ihre eigenen Probleme in Griff zu bekommen.

Obwohl Johanna Nilsson Ela sehr relistisch beschreibt, konnte ich mich mit ihr nicht identifizieren. Ihre Reaktionen und ihr Verhalten waren wir komplett fremd. Mir fehlte ein Minimum an Selbstkenntniss und Selbsbeherrschung. Trotzdem konnte mich die Autorin neugierig machen und in ihre winterliche, schwedische Landschaft mitnehmen. Ich mochte ihren Still - knapp und einfach, ohne unnötige Metaphern.

Ich bin auf weitere Bücher der jungen Schriftstellerin gespannt.


Johanna Nilsson, Sztuka bycia Elą, übersetzt von Paweł Pollak, 285 Seiten, Replika 2008.