Samstag, 17. April 2010

"Reise im Mondlicht" Antal Szerb


Mihály arbeitet in der Familienfirma in Budapeszt, wo er geregeltes bürgerliches Leben führt. Seit einem Jahr führt er eine Beziehung mit Erzsi, die mit einem reichen Geschäftsmann verheiratet ist. Erzsi verzichtet auf das bequeme Leben und lässt sich scheiden, um Mihály zu heiraten. Sie fühlt sich von einem geheimnisvollen Zug im Mihály angezogen. Gerade verbringen sie ihre Hochzeitsreise in Italien. Nachdem sie dort zufällig einen Jugendfreund von Mihály treffen, erzählt der frische Ehemann seine Vergangenheit. Als junger Mann war er mit dem Geschwisterpaar Tamás und Eva Ulpius befreundet. Er fühlte sich von dem ungewöhnlichen Lebensstil der Geschwister angezogen. Rollenspiele, die ständige Anwesenheit des Todes in ihren Gesprächen sowie das Verleugnen des Bürgertums bilden die Schwerpunkte der Freundschaft. Nachdem Mihály mehr oder weniger zufällig den falschen Zug nimmt und Erzsi aus den Augen verliert, beginnt seine nostalgische Reise durch Umbrien und Toskana. Mihály verliert sich in Erinnerungen, in der Suche nach dem Sinn des Lebens und den Todesgedanken.

Szerb zeichnet alle Personen wirklich meisterhaft - egal ob es sich hier um die kesse Italienerin Vaninna oder um den geheimnisvollen Persen handelt. Ich konnte mich jedoch mit keiner seinen Helden anfreunden, am wenigsten mit Mihály - seine Nostalgie, sein Handeln und Tun haben mich wortwörtlich abgeschreckt. Jederzeit hätte ich das Buch weglegen können - ohne dass ich bedauert hätte, die weiteren Schritte von Mihály nicht kennen gelernt zu haben.
Leider war der Roman gar nicht mein Fall.

Meine Bewertung: 3/6

Antal Szerb, Reise im Mondlicht, übersetzt von Christina Viragh, 256 Seiten, dtv.

Samstag, 10. April 2010

"Die Sonne der Scorta" Laurent Gaudé


Luciano Mascalzone verbrachte fünfzehn Jahre im Gefängnis, nachdem er ein kleines italienisches Dorf Montepucci jahrelang terrorisiert hatte. Jetzt kommt er zurück. Er hat noch etwas zu erledigen - Filomena treffen, von der er hinter Gitter geträumt hatte. Er schwängert wortlos die Frau und wird von den Dorfbewohnern gelyncht. Kurz bevor er stirbt erfährt er, dass Filomena seit Jahren nicht mehr lebt und er ihre Schwester Immacolata traf. Immacolata bekommt einen Sohn - mit Rocco fängt die Geschichte der Familie Scorta an.

Gaudé erzählte Familiengeschichte der Scorta - einer Familie, die den Fluch des Verbrechers mit sich trägt. Die Stärke der Familie machen jedoch andere Dinge aus - ihr Zusammenhalt, ihre Kraft, ihre gemeinsame Unterstützung. Die Scortas bauen ihre Existenzgrundlage mühsam auf und schwören den Nachkommen immer etwas aus eigenem Erfahrungsschatz auf den Weg zu geben.

Der Roman handelt vom Stolz, von Gemeinschaft und von Anpassungsfähigkeit. Apulien ist genauso ein Protagonist wie die Scorta. Aus den Seiten strahlt Sonne und Liebe zur Natur. Die Sonne beeinflusst das tägliche Leben, die Sonne lähmt und gibt Antrieb. Die Liebe zu den sonnenverbrannten Hügeln wird von einer Generation auf die andere übergeben. Gaudé gelingt es die Liebe zur kargen Landschaft an den Leser zu vermitteln.

Es fällt mir schwer, die Atmosphäre des Buches und die Vielfalt der Motive zu beschreiben - intuitiv spüre ich, dass in dem Roman viel mehr steckt, was jedoch eher für diejenigen sichtbarer ist, die das Treiben in kleinen italienischen Städtchen kennen. Trotzdem kann man den Reiz des Buches erkennen und sich von der Atmosphäre mitreißen lassen. Gaudé gelingt es ein einmaliges Buch zu schaffen, dass das Leben einigen Generationen einer Familie beschreibt, ohne dass er viele Ereignisse anhäuft und für viel Aktion sorgt.

Meine Bewertung: 5/6

Laurent Gaudé, Die Sonne der Scorta, übersetzt von Angela Wagner, 254 Seiten, dtv.

Donnerstag, 8. April 2010

"Die Maurin" Lea Korte


Mittelalterliches Andalusien - Mauren und Christen kämpfen erbittert um die Macht. In Grenada wohnt die dreizehnjährige Zahra - ein kesses, mutiges Mädchen und gleichzeitig enge Vertraute der ersten Frau des Emirs. Aischa benutzt Zahra als ihre Spionin, um die politischen Entscheidungen des Emirs zu verfolgen. Die schlaue Zahra erfährt mehr als eine Frau wissen sollte, engagiert sich in das politische Geschehen und verliebt sich in den Kastilier - Gonzalo. Gleichzeitig versucht sie, die von ihrem Vater arrangierte Ehe nicht einzugehen. Ihr Schicksal hängt aber eng von der politischen Situation ihres Landes ab.

Lea Korte schrieb einen großartigen historischen Roman. Er hat mich restlos in seine Bahn gezogen. Ich verließ Zahra nur ungerne und nahm das Buch so oft ich nur konnte in die Hand.
Der Roman enthält viele Beschreibungen - des Lebens im Palast des Emirs und in einem Stadthaus, der Sitten und Gewohnheiten, der damaligen Lebensregeln, des Islam und der maurischen Städte. Keiner der Abschnitte ist jedoch monoton oder langweilig. Eher sehe ich sie als eine Bereicherung des Romans.

Nicht nur Zahras Schicksal fasziniert den Leser. Auch das Leben anderer Familienmitglieder sowie das Geschehen auf dem königlichen Hof der Isabel werden spannend beschrieben. Die Helden überzeugen durch ihre Charaktere - Korte schafft es in jede Figur Leben einzuhauchen. Faszinierend finde ich es, dass die Probleme, die Zahra und ihre Familie beschäftigen, überraschend aktuell erscheinen.

Als einziger Kritikpunkt muss ich erwähnen, dass manche der Ereignissen ziemlich unwahrscheinlich erscheinen und in Zahras Leben (fast) zu viel passiert. Andererseits ist es mir bewusst, dass ein historischer Roman spannend sein muss und nur viele überraschende Wendungen den Leser über so viele Seiten fesseln können.

Es lohnt sich für ein paar Tage in das mittelalterliche Leben in Andalusien einzutauchen - Lea Korte ist es gelungen einen spannenden Roman zu schreiben. Ich werde auf jeden Fall versuchen, ihr erstes Buch auch zu lesen.

Die Webseite der Autorin.

Meine Bewertung: 5/6

Lea Korte, Die Maurin, 660 Seiten, Knaur.