Mittwoch, 22. Juni 2011

"Ein Eichhörnchen auf Wanderschaft" Gyrðir Elíasson


Dieses kleine Büchlein soll in Island einen Kultstatus erlangt haben. Es wurde bereits vor 24 Jahren herausgegeben aber erst jetzt bekam der deutsche Leser eine Übersetzung. Das mir bis dato unbekannte Verlag Walde + Graf hat übrigens gute Arbeit geleistet. Das Buch besticht mit der graphischen Seite - blauer Druck, viele Spielereien mit den Buchstaben sowie die Illustrationen von Laura Jurt sprechen für den Roman.

Elíasson beschreibt das Leben eines Jungen, der als einsames Pflegekind wundersame Abenteuer erlebt und sehr oft in seine Phantasien eintaucht, um der Langweile des Dorflebens zu entfliehen. Die Beschreibungen seiner Erlebnisse sind sehr lyrisch, teilweise sogar idyllisch (auch wenn das wirkliche Leben des Jungen nicht so glücklich zu sein scheint). Für mein Geschmack fast schon zu poetisch. Den ersten Teil des Romans habe ich noch verkraften können, der zweite war entschieden zu wirr für mein Geschmack. Der Junge entflieht nämlich komplett in seine imaginäre Welt. Und zwar als Eichhörnchen, das sich in eine Stadt, die von Tieren bewohnt wird, begibt. Diese Abenteuer sind ein Ausdruck der Ängste und der innersten Wünsche des Jungen.

Ich kann nicht sagen, dass ich die Idee des Roman nicht verstanden habe. Es ist lediglich kein Buch nach meinem Geschmack und obwohl es so viele positive Rezensionen sammelte, kann ich mich dem Lobgesang nicht anschliessen. Glücklicherweise umfasst das Buch nur etwas mehr als ein Hundert Seiten, so dass die Lektüre schnell zu bewältigen war und ich freue mich, trotz der Enttäuschung, einen weiteren isländischen Autor kennen gelernt zu haben.

Meine Bewertung: 3/6

Gyrðir Elíasson, in Eichhörnchen auf Wanderschaft, übersetzt von Gert Kreutzer, 112 Seiten, Walde + Graf

Freitag, 17. Juni 2011

"Die Elemente" Magda Szabó


Eine alte Frau wohnt alleine in einer Provinzstadt. Ihr geliebter Mann liegt im Sterben im Krankenhaus. Nach seinem Tod ist sie niedergeschlagen, bevor sie jedoch anfängt, ihr Leben neu zu ordnen, übernimmt ihre Tochter Iza das Ruder. Sie ist eine unglaublich pragmatische, rationelle, geordnete Person, als Ärztin sehr sorgfältig, ihren Patienten immer zugewandt. Sie wusste schon immer, was am besten für ihre Eltern ist. Ihre alte Mutter nimmt sie zu sich - in ihre Wohnung nach Budapest. Nach dem ersten Schock freut sich die ältere Dame, dass sie ihrer Tochter nützlich sein könnte - sie wird aufräumen, die Lieblingsspeisen der Tochter kochen und ihr das Leben leichter machen. Sie wird aber bitter enttäuscht. Izas Leben ist geregelt, die Wohnung modern eingerichtet, eine Haushaltshilfe kümmert sich um alles, die Mutter soll sich nur erholen. Sie fühlt sich in dieser Rolle schlecht - unnütz und fehl am Platze. Gleichzeitig weiß sie aber, dass Iza sie sehr liebt und für sie nur das Beste will. Die Tochter versucht ihr ein angenehmes, reiches Leben zu sichern, sieht aber nicht, was ihre Mutter wirklich braucht - Verständnis für ihre Bedürfnisse und Gespräche. Die Einsamkeit der Mutter wird unerträglich, sie versucht Leute kennen zu lernen aber alle ihre Bekanntschaften werden von Iza als ungeeignet bezeichnet und schliesslich verboten.

Der Ex-Mann von Iza - Antal - ein Waisenkind, der durch die Großeltern erzogen wurde, hat erst bei seinen Schwiegereltern Liebe und Wärme erfahren. Trotz der Trennung hat er für seine Schwiegereltern viel Zuneigung. Nach dem Tod des Schwiegervaters, wollte er sich um die Witwe kümmern. Als Iza jedoch ihre Pläne umsetzte, kaufte er das Haus der Schwiegereltern.

Izas Mutter fährt in ihre alte Heimat, um persönlich das Hinstellen des Grabdenkmals für ihren geliebten Mann zu beaufsichtigen. Antal freut sich sehr, sie wieder zu sehen und kann es kaum erwarten, ihr vor seinen Plänen zu berichten.

Jede der im Roman vorgestellten Personen - Antal, Iza, Mutter und Vater - kann als Hauptprotagonist angesehen werden. Szabó ändert in ihrem Roman mehramls die Erzählperspektive, so dass jeder der Protagonisten seine Sichtweise darstellen kann. Besonders die Abschnitte, in denen die Mutter von ihren Erlebnissen berichtet, sind sehr beindruckend. Der Leser beobachtet wie sie sich immer mehr in sich verschliesst, wie sie apathisch wird und schliesslich gänzlich in sich einsackt.

Szabós Stil hat mich begeistert: das Buch habe ich unwahrscheinlich gelesen, trotzdem ist es ein Roman, der noch lange in Erinnerung bleibt. Ein Roman, das nicht so schnell aus den Gedanken verschwindet, einer, der zum Nachdenken zwingt und zutiefst berührt. Szabó bringt den Leser dazu, über eigene Beziehung zu den Eltern und anderen älteren Personen nachzudenken. Diesen Effekt erreicht sie durch eine schlichte, nüchterne Sprache, die die Gefühle der Protagonisten umso mehr hervorhebt. Sie hat es geschafft ein Psychogramm vier verschiedener Personen darzustellen - jede von ihnen versucht nach dem besten Willen zu handeln und jede von ihnen scheitert. Der Mangel an Kommunikation ist der Hauptverursacher aller Katastrophen.

Szabó hat ihren Roman in vier Kapitel geteilt - jedes von ihnen wurde einem anderen Element zugeordnet, die wiederum als Symbole der Persönlichkeiten der Hauptprotagonisten angesehen werden können. Eine Maßnahme die ebenfalls zum Nachdenken zwingt.

Es ist ein Roman nach meinem Geschmack. Ich suche immer nach Büchern, die mich nach dem Fertiglesen noch lange zum Nachdenken zwingen und an die ich mich noch Monate später erinnern kann. Ich habe Szabós Prosa noch im Gymnasium kennen gelernt aber erst jetzt fand ich wieder zu ihr. In meinem SuB warten noch zwei weitere ihre Bücher, auf die ich mich schon sehr freue.
Übrigens, ich habe gerade entdeckt, dass dieser Roman kürzlich in einer neuen Übersetzung in Secession Verlag erschienen ist.

Meine Bewertung: 6/6

Maga Szabó, Piłat, übersetzt von Olga Wybranowska, 275 Seiten, Wydawnictwo PIW

Donnerstag, 16. Juni 2011

Statistik Mai 2011

Gelesene Bücher: 4
Gelesene Seiten: 1838

Nobelpreisträger-Challenge: 0
Reportagen-Challenge: 0
Japan-Challenge: 1
Nacht-Challenge: 0
Literaturpreis-Challenge: 0
Exoten-Challenge: 0
Haruki Murakami-Challenge: 1
Familien-Challenge: 1
Farbsonnen-Challenge: 0

Das beste Buch: "Die Elemente" Magda Szabó

SuB-Höhe: 122

Es fehlen einige Rezensionen aus Mai und auch aus Juni. Ich werde mich demnächst besser, soweit es meine Kinder mal endlich zulassen:)